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Die Barmherzigkeit des Herrn - Misericordia Domini

Liebe Lesergemeinde!

Photo by Hala al Hasani, Unsplash

Unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat schon vor Längerem den 2. Sonntag nach Ostern 2021 als einen Gedenktag für die Menschen angeregt, die an oder mit Corona verstorben sind. Leider können wir aufgrund der aktuellen Einschränkungen dieses Gedenken nicht in der Weise gestalten wie ursprünglich geplant. Doch unsere Kirchen werden zur Gottesdienstzeit offen sein zur Besinnung und Gebet, und unsere Glocken werden am Sonntag um 15 Uhr zusammen mit allen anderen Kirchenglocken in Minden und Umgebung zum stillen Gedenken aufrufen!

Der ausgewählte Gedenktag ist der Sonntag „Misericordias Domini“ – „die Güte/die Barmherzigkeit des Herrn“. Natürlich muß der Bundespräsident überkonfessionell denken und handeln. Ich bin mir aber sicher, dass er diesen Tag mit Bedacht vorgeschlagen hat. An ihm, dem zweiten Sonntag der Osterzeit, steht das Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit im Vordergrund. In seinen Texten bleibt diese Rede vom barmherzigen Gott aber kein formalhaftes, immer zu wiederholendes Mantra, sondern sie wird ganz konkret durch eines der eindrücklichsten Bilder des Alten und Neuen Testamentes – das Bild vom Hirten und seiner Herde.

Der Herr ist mein Hirte - mir wird nichts mangeln! Er weidet mich auf grüner Aue und führt mich zum frischen Wasser.

Diese Sätze kennen die allermeisten Christen. Es ist der Beginn des 23. Psalms. Jeder Konfirmand hat ihn gelernt, viele Tauf-, Trau- oder Trauersprüche sind ihm entnommen, unzählige Male ist er von Christen in Zeiten der Bedrängnis gebetet worden. In diesem Psalm 23 ist das Bild grundgelegt, das uns später auch im Neuen Testament vielfach als Gleichnis für das Verhältnis von Gott und Mensch begegnet.

Allerdings ist die Akzeptanz dieses Bildes heutzutage nicht mehr besonders hoch. Wir neigen eher dazu, es kritisch zu hinterfragen:

  • Keinen Mangel haben – wer außer mir weiß denn, was ich haben will?
  • Sich weiden lassen – klingt das nicht nach unemanzipierter Fremdbestimmung?
  • Sich führen lassen – setzt das nicht einengende Unterordnung voraus?

Und überhaupt: einem Hirten nachlaufen? Bin ich denn ein profilloses Herdentier? Ein dummes, unselbständiges Schaf, das nur in der Menge mitblökt? 

So oder ähnlich meutern wir gerne gegen den himmlischen Hirten. Dabei bilden wir uns ein, dass wir seiner Führung etwas anderes, besseres entgegenzusetzen haben. Eine selbständige Form der Lebensführung etwa; vielleicht ein eigenes Wertesystem oder schönere Lebensziele; und im Falle des Scheiterns auch bessere Trost-möglichkeiten. Letztlich trauen wir in alle dem unserer menschlichen Lebensbewältigung mehr zu als Gottes Fürsorge. Aber ist diese Einschätzung realistisch? Haben wir in der Tat mit unseren Kräften, unserer Weltsicht und unserem Verstand mehr zu bieten als Gott?

Als kleiner Junge dachte ich auch mal, dass das Leben zuhause nicht so toll sei und meine Eltern meiner Entwicklung doch eher im Wege stünden. Mit der ganzen Selbstsicherheit und umfassenden Lebens-erfahrung eines Dreijährigen machte ich mich auf den Weg. Eine halbe Stunde später und drei Straßenecken weiter stieß ich an die Grenzen meiner Lebensbewältigungsmöglichkeiten. So wie ein Schaf, dass seinem Hirten ausbüxt und abseits der Herde sein Glück versucht…

Gott sein Dank ist Gott ein ausdauernder Hüter seiner Herde. In Jesus Christus ist er uns Menschen bis zum Äußersten hinterhergelaufen, um uns zu suchen und zurückzuholen. „Ich bin der Gute Hirte!“ sagt Jesus Christus von sich selber. Selbst durch den Tod hindurch hat er nach uns gesucht, durch seine Auferstehung haben wir das Leben! Er ist der Gute Hirte, der für uns Menschen alles Erdenkliche tut, damit wir erlöst leben können.

Am Sonntag “Misericordias Domini“ wenden wir in diesem Jahr besonders und wohl auch bewußter als sonst an den erbarmenden Gott. Wir klagen ihm unser Leid in diesen Corona-Zeiten; wir betrauern vor ihm unsere Toten; wir erflehen von ihm Hilfe für alle Erkrankten; und nicht zuletzt erhoffen wir, dass er uns von diesem pandemischen Übel befreit. Und so können wir ihm vertrauen in der Gewißheit, dass er uns auch durch dieses dunkle Tal hindurchführen wird!

Psalm 23

Äthiopische Hirten. Foto: Helga Trölenberg

Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.

     Er weidet mich auf einer grünen Aue
     und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

     Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
     fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.

     Du bereitest vor mir einen Tisch
     im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.

     Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
     und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Der Wochenspruch für diese Woche

Christus spricht:

Ich bin der Gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie  und sie folgen mir; und ich gebe ihnen
das ewige Leben.

(Joh 10,11a.27-28a)

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