Die Botschaft der Engel für Leute von heute
Liebe Lesergemeinde!
Weihnachten. Das Fest der Liebe, Zeit für die Familie, Zeit für Besinnlichkeit, eine Zeit der Lichter und Gemütlichkeit. Über Generationen hinweg pflegen Familien ihre ganz eigenen Weihnachtstraditionen. Ob Kartoffelsalat oder Schweinebraten, diese eine ganz bestimmte Weihnachts-CD, ob Mutter den Baum immer in der Nacht vom 23. auf den 24. schmückt oder im Fernsehen unbedingt der „Kleine Lord“ angeschaut werden muss. Bestimmte Traditionen und Bräuche gehören einfach dazu.
Wir freuen uns am Zusammensein und geben uns richtig Mühe, dass diese paar Tage im Jahr ganz anders werden als die üblichen. Geschenke werden besorgt, ein festliches Essen wird zubereitet. Besinnlich und schön soll es an Weihnachten sein und wir wollen ein Fest der Liebe feiern. Unsere Sehnsucht nach einem friedlichen und fröhlichen Fest ist groß, damit dann im richtigen Zeitpunkt, wenn es endlich so weit ist, Ruhe, Gemütlichkeit und Friede ist.
Und mit dieser Sehnsucht nach Frieden und einem kurzen Moment der Stille, der sich anfühlt wie der Himmel auf Erden, sind wir nicht allein. Schon in den über 2500 Jahre alten Texten des Alten Testaments hören wir von solchen Sehnsüchten. Wir hören von der Hoffnung, dass einer kommen wird der Frieden auf die Welt bringt, der vorlebt, wie es ist zu lieben. Der Friedefürst, der Ewigvater.
Und auch wir heute haben nicht weniger als die Menschen des Alten Testaments das Verlangen, an Weihnachten diese Wünsche und Sehnsüchte zuzulassen und ihnen Ausdruck zu verleihen. Und das tun wir, indem wir uns neben all der Gemeinschaft und Geschenken jene Geschichte, Jahr für Jahr, und das seit tausenden von Jahren, erzählen. Eine Geschichte, so außergewöhnlich und beeindruckend und zugleich so bescheiden. Eine Geschichte, die genau von diesem einen erzählt, der im Alten Testament angekündigt wird.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth. (Jesaja 9, 5 – 6)
Dass Gott Mensch wird, dieses weltverändernde Ereignis, es geschieht in der Heiligen Nacht unter bescheidenen Verhältnissen: ein machtbesessener Kaiser, eine beschwerliche Reise, kein Raum für eine Schwangere und ihren Mann, am Ende ein Stall für Tiere, in dem Jesus von Maria geboren wird.
Maria hatte sich das alles anders vorgestellt. Zuhause, in Nazareth sollte die Geburt stattfinden, ohne viel Aufregung, im heimischen Bett. Dann aber kam alles anders. Kaiser Augustus, der Herrscher des römischen Reichs selbst befahl die Volkszählung und von jetzt auf gleich musste sie sich mit ihrem Mann Josef auf den Weg machen.
Der Engel der Maria vor einigen Monaten des Nachts erschienen war, der ihr die Geburt ihres Sohnes ankündigte, sprach zunächst große Worte: „Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.“
Nun aber war sie hier im Stall und legte ihr Kind in eine Futterkrippe. Die Geburt des Königs Gottes stellte Maria sich an einem anderen Ort vor.
Wir wissen heute, dass dieses Kind, das Maria und Joseph da bei sich haben, dieses kleine Geschöpf wird in wenigen Jahren die Welt tatsächlich auf den Kopf gestellt und verändert haben. Er wird die Liebe Gottes unter die Menschen bringen und sich besonders denen zuwenden, die auch aus ärmlichen Verhältnissen stammen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Diese Heilige Nacht ist eine Nacht der kleinen und fast unscheinbaren, vergessenen Menschen. Es ist eine Nacht, in der weltliche Macht und weltliche Maßstäbe in Frage gestellt werden und ein kleines Neugeborenes im Mittelpunkt von allem steht.
Bemerkenswert an diesen Weihnachtswundern sind nicht nur die Umstände, die Volkszählung, der Stall oder die Futterkrippe, sondern auch all die Menschen, die neben der Familie im Mittelpunkt der Erzählung stehen. Es sind einfache Hirten, die von Gott durch einen Engel, einen Boten Gottes vom Weihnachtswunder erfahren. Mitten bei der Arbeit auf dem Feld. Ausgerechnet die Menschen, die damals kein hohes gesellschaftliches Ansehen genießen und die in großer Einfachheit ihrer Aufgabe nachgehen, ausgerechnet sie sind so wichtig in dieser Geschichte.
Und tatsächlich sind die Hirten die ersten, denen Gott die frohe Botschaft verkündet. „Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Und die Hirten erschraken vor den gewaltigen Eindrücken, die sich ihnen da auf dem Feld darbot. Das eben noch im Dunkel der Nacht getränkte Feld wurde hell von den schimmernden Strahlen der himmlischen Heerscharen. Und so plötzlich wie alles begann, so plötzlich war es wieder still um die Hirten.
Und sie diskutierten über das, was sie da gesehen hatten und ob sie tatsächlich losziehen sollten, um wirklich zu sehen, was der Engel ihnen verkündet hatte. Und was er verkündet hatte, war doch wirklich unglaublich. Das, was sie da sehen sollten war ein Kind, in Windeln gewickelt in einer Krippe! O ja, dass würden sie zu sehen bekommen auf dem Weg nach und in Bethlehem. Armut und Elend an jeder Straßenecke. Klar, wo sah man das eigentlich nicht? Da hätten sie nach Süden, Norden, Westen oder Osten gehen können, überall sahen sie Kinder, in Windeln gewickelt, schreiend und ohne feste Bleibe. Es war schließlich die Zeit der Volkszählung. Was sie zu sehen erhofften, war ein schreiendes Kind in einer Krippe. Machten sie sich etwas vor?
Und doch konnten keiner von ihnen das leugnen, was sie alle gesehen hatten. Sie alle waren erfüllt von der Vision der Engel. Sie fühlen sich von Gott persönlich angesprochen, sie waren neugierig auf dieses Kind in der Krippe. Sie hatten diese Sehnsucht nach Veränderung, nach einem Moment Frieden auf Erden, eine Sehnsucht auf eine Veränderung der Umstände und etwas Besinnlichkeit und Wärme.
Wie auch immer wir uns so eine Engelsvision wie jene, von der uns hier berichtet ist vorzustellen haben, irgendwie müssen die Hirten gespürt haben, dass in dieser Nacht etwas Besonderes geschieht, und irgendwie müssen die Hirten gespürt haben, dass Gott ihnen ganz nahe ist.
Sie machen sich also auf zu diesem Stall und als sie ihn erreichen, staunen sie gemeinsam mit uns heute nicht schlecht.
Denn so unscheinbar die Umstände von Jesu Geburt sind, so ungeheuer brisant ist das Ereignis und der Anspruch dieser Geburt eines göttlichen Kindes. Führen wir uns vor Augen, dass in der damaligen Zeit der Kaiser die unumstößliche Macht hat, so ist die Ankündigung: Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, eine Absage an die personelle politische Macht. Die Geburt Jesu ist eine Absage an alle Kaiser und Mächte, die Menschen unterdrücken und sie knechten, sie ausbeuten und klein halten. Das Ereignis von Weihnachten ist auch eine politische Botschaft.
Nicht jene, die sich durch Gewalt über andere erheben, wie der Kaiser, stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern ein kleines hilfsbedürftiges Neugeborenes, das weder Schwert noch Schild überhaupt tragen kann.
Gott spricht an diesem Abend einen Wunsch hinein in diese Welt:
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“
Dieser Wunsch ist in den meisten Teilen der Erde noch immer ein Wunsch, eine Hoffnung und ein Versprechen. Auch an Weihnachten gibt es Krieg und Zwietracht, Ungerechtigkeit und Angst. Die Pandemie spaltet unsere Gesellschaft mehr und mehr. Es bilden sich Lager, die immer extremere Wut füreinander empfinden. Und neben all den menschlichen Ängsten und zerstörerischen Emotionen fährt der Virus seine fette Beute ein. Kinder in Krisengebieten unserer Welt wünschen sich statt Spielzeug etwas zu Essen, Eltern dieser Kinder hoffen auf Frieden in ihrem Land.
Weihnachten als Fest der Liebe und des Friedens zu feiern, zeigt uns auch, in was für einer Welt wir eigentlich leben. Was wir alles tun müssen, damit wir diese paar wenigen Tage erleben dürfen in denen Besinnlichkeit und ein wenig Frieden unter uns herrscht.
Immer aufs Neue gilt es gerade an Weihnachten darauf zu hoffen und dafür zu beten, dass eines Tages der Wunsch der Engel und diese Sehnsucht, die in uns allen schlummert für alle Menschen zur Wirklichkeit wird: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“.
Und trotz allem oder vielleicht gerade deswegen ist dieser Heilige Abend, ist das Wunder von Weihnachten, ein wunderbarer und kräftiger Grund zur Freude und zum Feiern. Denn Gott selbst wird Mensch und kommt uns ganz nahe. Vielleicht klein und eher unscheinbar, aber die Botschaft verbreitet sich nach und nach in alle Lande und auch uns heute, hier in der Erlöserkirche, auch uns gelten die Worte des Engels:
„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Wir dürfen heute genauso wie die Hirten damals unserer Sehnsucht Ausdruck verleihen und uns auf den Weg zu diesem Kind machen. Gemeinsam das Gefühl zu spüren und zu teilen, dass es in all dem Durcheinander, all dem Ärger und all dem Streit auch Momente der Ruhe und des Friedens geben kann.
Und vielleicht breitet sich dann auch unter uns, genau wie bei den Hirten eine Freude aus, die wir weitergeben wollen.
Getröstet, hoffnungsvoll, beschwingt, fröhlich.
Ich wünsche uns allen, dass wir so sein können in den kommenden Tagen. Frohe Weihnachten!
Amen