Muss ich zu ihm rauf oder kommt er runter?
Liebe Lesergemeinde!
Ein kleiner Junge fährt mit seinem Fahrrad über den Kirchhof. Er guckt neugierig zum Gemeindehaus rüber, ist deshalb für einen Moment unaufmerksam und stürzt. Knie aufgeschlagen, großes Gebrüll. Der Pfarrer schreckt von der Arbeit an seiner Sonntagspredigt auf, stürmt zur Tür hinaus und kümmert sich um den kleinen Pechvogel. Er will ihm etwas Beruhigendes und Tröstliches sagen, und so meint er: „Nun weine mal nicht, der liebe Gott wird die Wunde ganz schnell wieder heilen.“ Da stutzt der Junge, schaut den Pfarrer mißtrauisch an und meint: „Hm, muß ich da zu ihm rauf, oder kommt er runter zu mir?“
Die Antwort auf diese Frage scheint für uns Christen zunächst klar zu sein: Unser Versuch, aus eigener Kraft nach oben zu kommen ist zum Scheitern verurteilt (vergleiche die Geschichte vom Turmbau zu Babel aus dem 1. Buch Mose, Kap. 11). Er kann nicht gelingen. Gott selbst ist es, der sich uns zuwendet, der in die Niederungen dieser Welt, in die Verwicklungen unseres Lebens kommt. Und zwar wirklich er selbst. Gott läßt sich nicht vertreten, schickt nicht irgendwelche Statthalter. Nein, er selbst kommt, und zwar in einer Art und Weise, die wir Menschen fassen und begreifen können.
Zum einen kommt Gott in der Gestalt Jesu Christi. Der Mensch Jesus Christus – geboren und gelebt wie unsereiner – ist die uns zugewandte Seite Gottes. „Ich und der Vater sind eins“ – so sagt Christus selbst.
Zum anderen ist Gott in dieser Welt und in uns gegenwärtig durch seinen Geist. Der Heilige Geist ist die Kraft Gottes, die in uns wirkt, die uns lenkt, lehrt und leitet, wenn wir uns ihm öffnen. Gott verläßt diese Welt nicht wieder an Himmelfahrt. Christus läßt uns nicht als verwaiste Kinder zurück. Nein, sein Geist, seine lebendige und Leben schaffende Kraft ist in jedem glaubenden Menschen und in der Gemeinde Gottes gegenwärtig.
Das, was als Taube oder als Feuerflamme dargestellt wird, ist die im Grunde nicht darstellbare, aber fühlbare Gegenwart Gottes.
Soweit können wir unseren Glauben ja ganz gut formulieren. Aber würde eine solche Antwort dem kleinen gestürzten Jungen helfen? Könnte er sich nun den Trost und die Hilfe durch den Heiligen Geist vorstellen? Wir können als Menschen ja nicht anders über Glaubensdinge reden als mit unseren menschlichen Bildern und
Vorstellungen. Vielleicht hilft uns deshalb ein Vergleich weiter:
Der Heilige Geist wird ja schon in der Bibel beschrieben wie ein Wind, ein Wehen von Gott her. Auch den Wind können wir nicht sehen. Aber wir können ihn spüren. Und wir können seine Kraft in dem sehen, was er bewegt.
Unsere Heimat ist der Mühlenkreis. Windmühlen haben hier immer schon eine besondere Bedeutung gehabt. Sie sind Wahrzeichen in der Landschaft, und als historische Bauwerke sind sie Baudenkmale des Lebens und der Arbeit in dieser Region. Viele Menschen kümmern sich in Vereinen um die lebendige Erhaltung und Pflege unserer Mühlen, und am Pfingstwochenende ist traditionell immer ein „Mühlentag“. Da erwachen die alten Mühlen wieder zum Leben, drehen sich im Wind und sind Mittelpunkt eines kleinen Volksfestes.
Für mich sind die Windmühlen dann immer auch ein Gleichnis für den Glauben. Ist Ihnen das zu vordergründig und zu platt? Lassen Sie sich mal auf den Vergleich ein:
- So wie der unsichtbare Wind die Windmühle in Bewegung setzt, so setzt der Gottes Geist seine Menschen in Bewegung.
- So wie die Mühle nur ihre Flügel in den Wind richten muß, so müssen auch wir uns nur auf Gott ausrichten und offen sein für sein Handeln, für seine Kraft in uns.
- So wie man das Wehen des Windes an der Arbeit der Mühle erkennen kann, so sieht man an uns Christen, wenn Gottes Geist in uns wirkt! Denn: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder!“ (Röm 8, 14)
Möglicherweise könnte so ein Bild dem gestürzten Jungen mit seiner gar nicht dummen, sondern sehr lebensnahen Frage nach Gott weiterhelfen: „Vertrau auf das Wirken Gottes so wie der Müller auf die Kraft des Windes. Rechne damit, dass Gott etwas tut, und dass Du sein Tun in Deinem Leben spüren wirst. Du musst nicht zu ihm nach oben – Gott kommt zu Dir, in Dein Leben, er kümmert sich um dich!“
Lassen Sie uns gemeinsam so auf unseren Gott vertrauen, der durch seine Heiligen Geist unser Beistand, Ratgeber, Tröster und Motor unseres Handelns sein will! Amen.
Apostelgeschichte 2,1-4
Als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
Halleluja!
Du sendest aus deinen Lebensatem, so werden sie geschaffen
Und du machst neu das Antlitz der Erde
Halleluja!
Komm, Heiliger Geist
Erfüll die Herzen Deiner Gläubigen
Und entzünde in ihnen das Feuer Deiner göttlichen Liebe.
Halleluja!
O komm, du Geist der Wahrheit
-
Oh komm, du Geist der Wahrheit
und kehre bei uns ein,
verbreite Licht und Klarheit,
verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig Feuer,
rühr Herz und Lippen an,
daß jeglicher getreuer
den Herrn bekennen kann. - Du Heilger Geist, bereite
ein Pfingstfest nah und fern;
mit deiner Kraft begleite
das Zeugnis von dem Herrn.
O öffne du die Herzen
der Welt und uns den Mund,
daß wir in Freud und Schmerzen
das Heil ihr machen kund. - O komm, du Geist der Wahrheit,
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